Der Weg zum Führerschein: Autofahren mit Behinderung

28. August 2024

Ob auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder für den Ausflug am Wochenende: Ein Auto macht uns mobil und bringt uns genau dorthin, wo wir wollen. Vor allem Menschen auf dem Land sind auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen. Das gilt natürlich genauso für Menschen mit Behinderung. Auch für sie bedeutet das Autofahren einen erheblichen Zugewinn an Unabhängigkeit und Mobilität. Doch der Weg zum Führerschein kann für Menschen mit Behinderung besondere Herausforderungen mit sich bringen. Von der Auswahl der richtigen Fahrschule über die Beantragung von Förderungen bis hin zu speziellen medizinischen und technischen Gutachten gibt es einiges zu beachten.

Finanzierung und Anmeldung in der Fahrschule

Der erste Schritt auf dem Weg zum Führerschein für Menschen mit Behinderung besteht darin, sich gründlich zu informieren und gut vorzubereiten. An vorderster Stelle steht die Klärung der Finanzierungsmöglichkeiten. Denn unter bestimmten Umständen bezuschusst Ihr Kostenträger den Führerschein oder kommt sogar vollständig für die Kosten auf. Wenn Sie sich ohne vorherige Absprache bei einer Fahrschule anmelden, entfällt die Möglichkeit einer Kostenübernahme.

 

Ist die Finanzierung geklärt, können Sie sich für den Führerschein anmelden. Achten Sie aber unbedingt darauf, eine Fahrschule zu wählen, die auf die Ausbildung von Menschen mit Behinderung spezialisiert ist. Diese Fahrschulen können Sie bei allen Formalitäten unterstützen, verfügen über passende Fahrzeuge und bieten die Ausbildung z. B. in Gebärdensprache an. Eine Liste geeigneter Fahrschulen bekommen Sie bei Reha-Zentren und Fahrlehrerverbänden.

Medizinische und technische Gutachten

Mit Ihrer Anmeldung bei der Fahrschule stellen Sie einen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle. Hierbei müssen Sie angeben, ob Einschränkungen Ihrer geistigen oder körperlichen Fähigkeiten vorliegen. Anschließend werden Sie in aller Regel dazu aufgefordert, verschiedene Gutachten vorzulegen.

 

  • Das medizinische Gutachten sollte ein Facharzt, am besten ein Verkehrsmediziner, erstellen. Es muss Angaben darüber enthalten, welche Krankheit oder Behinderung vorliegt und inwiefern diese Ihre Fahrtüchtigkeit einschränkt.
  • Darüber hinaus ist je nach Art und Schwere der Behinderung auch ein medizinisches-psychologisches Gutachten erforderlich. Hierfür werden Ihre Wahrnehmungs-, Orientierungs-, Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit getestet. Das ist meistens bei neurologischen Beeinträchtigungen der Fall (z. B. Epilepsie, Multiple Sklerose, Schädel-Hirn-Traumata).
  • Ein technisches Gutachten bekommen Sie beim TÜV oder der DEKRA. Dabei hält ein amtlich anerkannter Sachverständiger fest, welche Hilfsmittel und Umbauten Sie für das Führen eines Fahrzeugs benötigen.

Fahrausbildung und Prüfung

Die Fahrausbildung verläuft wie bei allen Fahrschülern. Sie absolvieren mindestens 14 Theoriestunden, in denen Sie grundlegende Verkehrsregeln, Zeichen und Verhaltensweisen im Straßenverkehr kennenlernen. Eventuell bietet Ihre Fahrschule auch spezielle Unterrichtsmaterialien an, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung abgestimmt sind. Dies kann beispielsweise größere Schrift, Audiounterstützung oder barrierefreie digitale Lernplattformen umfassen. In der Praxis müssen Sie 12 Sonderfahrten (Bundes- oder Landstraßen, Autobahn und Nachtfahrten) absolvieren. Die Anzahl der zusätzlichen Übungsstunden hängt von Ihrem individuellen Fortschritt und Fahrtalent ab. Sie legen dann ganz regulär eine theoretische und eine praktische Prüfung ab. Nach erfolgreicher Prüfung erhalten Sie Ihren Führerschein, in dem die Auflagen und Beschränkungen aus den Gutachten eingetragen sind.

Anpassung eines bestehenden Führerscheins

Natürlich gibt es auch den Fall, dass Sie bereits einen Führerschein besitzen und zu einem späteren Zeitpunkt eine Behinderung eintritt. Sie müssen dann zwar keinen neuen Führerschein machen, sollten Ihren bestehenden Führerschein aber schnellstmöglich an Ihre Beeinträchtigungen anpassen lassen. Ansonsten können Sie bei einem Unfall große versicherungsrechtliche Schwierigkeiten bekommen. Wenn Sie Ihr Handicap der Behörde melden, verlangt diese möglicherweise Gutachten von Ihnen. Auch eine Fahrprobe oder ein Test Ihrer Restkräfte kann durchgeführt werden. Je nach Ergebnis werden die neuen Auflagen in Ihren Führerschein eingetragen.

Fazit: Unabhängigkeit dank Führerschein

Mit der richtigen finanziellen Unterstützung und der Wahl einer spezialisierten Fahrschule kann der Traum vom Führerschein auch für Menschen mit Behinderung Wirklichkeit werden. Der Führerscheinerwerb bedeutet nicht nur Mobilität, sondern auch ein großes Stück Unabhängigkeit und Lebensqualität. Er ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Freiheit und Selbstbestimmung, der durch eine gut strukturierte und unterstützte Fahrausbildung erreicht werden kann.

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