Weihnachten und Demenz: So wird es für alle ein schönes Fest

Nov. 24, 2022

Der Duft von Plätzchen und Punsch zieht allmählich um die Häuser, bunte Dekoration erhellt die dunklen Winternächte: Weihnachten steht vor der Tür. Das für viele Menschen wichtigste Familienfest im Jahr zaubert vielen von uns ein Lächeln ins Gesicht. Auch demenzkranke Angehörige wollen und sollen an den Feiertagen teilhaben. Doch die Erkrankung bringt auch an Weihnachten so manche Tücken mit sich. Schließlich vergessen Menschen mit Demenz oftmals gesellschaftliche Regeln oder gar die Traditionen der eigenen Familie. Damit trotzdem alle die Festtage genießen können, braucht es gute Vorbereitung und Flexibilität. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie besonders achten sollten.

Grundregel: Weniger ist mehr

So viel Magie Weihnachten auch versprühen mag, die Demenzerkrankung eines geliebten Angehörigen bleibt genauso präsent wie vor und nach dem Fest auch. Menschen mit Demenz sind auch in der Weihnachtszeit mal unruhig, desorientiert oder brechen in Wutanfälle aus. Dennoch wollen sie als Teil der Gemeinschaft akzeptiert werden und können ihren Beitrag zu einem schönen Fest leisten. Da Menschen mit Demenz schnell überfordert sein können, ist es wichtig, den üblichen Weihnachtstrubel dabei etwas herunterzufahren und ein angenehmes Maß sowie Tempo zu finden. Das Motto “Weniger ist mehr” sorgt für ein ruhiges, demenzgerechtes Weihnachtsfest und sollte in jeglicher Hinsicht berücksichtigt werden.

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete

Eine durchdachte Planung macht das Weihnachtsfest für Ihr demenzkrankes Familienmitglied aber auch für Sie selbst um einiges leichter. Überlegen Sie zunächst gemeinsam mit der ganzen Familie, welche weihnachtlichen Bräuche Ihnen wichtig sind und welche für ein möglichst reduziertes Fest vielleicht kleiner ausfallen oder gar wegfallen können. Bedenken Sie außerdem, dass Weihnachten immer viel mit Emotionen zu tun hat und Menschen mit Demenz besonders gut auf der Gefühlsebene zu erreichen sind. Es kann sein, dass gerade zur Weihnachtszeit so manche Erinnerung an vergangene Feste hochkommt. Nehmen Sie sich unbedingt Zeit für diese Geschichten, wenn ihr Angehöriger sie mit Ihnen teilen mag. Das gibt Emotionen den nötigen Raum und sorgt für einen Abbau von Stress, Reizen und Überforderung. Sie können natürlich auch aktiv für weihnachtliche Besinnlichkeit sorgen. Lesen Sie etwa zusammen Geschichten, naschen Sie köstliche Süßigkeiten oder hören Sie alte Weihnachtslieder. Natürlich kann es sein, dass dann auch mal ein paar Tränen vergossen werden, das ist aber ganz normal. Menschen mit Demenz sehnen sich dann einfach nach der alten Zeit zurück. Akzeptieren Sie diese Emotionen und spenden Sie Trost. Besprechen Sie zudem, welche Aufgaben für das Fest Ihr Familienmitglied übernehmen will. Je nach Fähigkeiten können das größere Tätigkeiten wie das Schmücken des Baumes sein. Natürlich machen aber auch Kleinigkeiten wie Servietten falten, Musik auswählen oder Tisch decken schon viel aus. Bringen Sie auf jeden Fall viel Geduld und Zeit mit, um ein demenziell erkranktes Familienmitglied angemessen auf die Weihnachtszeit einzustimmen.

Tipps für das Fest: Demenzgerechte Weihnachtstage

Natürlich ist jede Demenzerkrankung individuell, genauso wie die Betroffenen selbst. Nicht alle der folgenden Anregungen sind daher gleichermaßen auch für alle Menschen mit Demenz geeignet. Grundsätzlich kommen sie der Erkrankung aber entgegen:

 

  • Wenige Reize: Mit vielen Lichtern, Gerüchen und Musik ist Weihnachten ein Fest der Sinne. Menschen mit Demenz kann das aber überfordern und verwirren. Setzen Sie bei der Dekoration lieber auf wenige Gegenstände und verzichten Sie auf blinkende Lichter. Vermeiden Sie auch unnötigen Lärm. Wenn Sie sich beispielsweise unterhalten, sollten Sie störende Hintergrundmusik abstellen.
  • Vertrauter Ort: Die meisten Menschen mit Demenz fühlen sich an Orten wohl, die ihnen vertraut sind. Vor allem sehr unsichere und ängstliche Betroffene freuen sich, wenn sie die Festtage in den eigenen vier Wänden verbringen können. Falls Sie in ein Restaurant gehen wollen, wählen Sie ein möglichst einfaches Lokal ohne Gourmet-Gedecke und üppige Dekoration.
  • Kleine Gästeliste: Ein kleiner, vertrauter Kreis an Gästen sorgt für ein möglichst entspanntes Fest. Überlegen Sie also mit Bedacht, wen Sie einladen wollen. Informieren Sie die Gäste im Vorfeld über das Krankheitsbild und geben Sie vielleicht auch ein paar Hinweise zum richtigen Verhalten bei Demenz. Das erleichtert allen Beteiligten den Umgang miteinander.
  • Kurze Intervalle: Sie kommen den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz eher entgegen, wenn Sie während des Festes kurze Intervalle einplanen. Natürlich sollten Sie sich für die einzelnen Programmpunkte Zeit nehmen, aber sie auch nicht zu sehr in die Länge ziehen. Ein einfaches, kurzes Essen ist beispielsweise oftmals besser geeignet als ein mehrgängiges Menü.
  • Genügend Ruhephasen: Planen Sie während der Festtage genügend Ruhephasen ein, in denen sich Ihr Angehöriger zurückziehen kann. Stimmen Sie innerhalb der Familie außerdem die Betreuung ab und wechseln Sie regelmäßig durch. Dazu gehört es auch, trotz des Trubels der Feierlichkeiten weiterhin ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der demenzkranken Person zu haben.


Zu guter Letzt: Ja, auch bei der besten Vorbereitung kann noch immer etwas schiefgehen. Nehmen Sie Ihren Plan daher nicht zu streng und behalten Sie sich eine gewisse Flexibilität vor. Wenn sich Ihr Familienmitglied unwohl fühlt, halten Sie nicht am Programm fest, sondern suchen Sie nach einer passenden Lösung für die Situation. Reagieren Sie mit Gelassenheit und Humor, wenn nicht alles so läuft wie erhofft.

Fazit: Der wahre Kern der Weihnacht

Demenz beeinträchtigt sämtliche Lebensbereiche. Auch an Weihnachten macht die Erkrankung keine Pause. Wichtig ist es deshalb, eine gute Balance zwischen Familientraditionen und der Betreuung eines demenzkranken Familienmitglieds zu finden. Das führt wie von selbst zu einem Fest, das sich auf das Wesentliche konzentriert: Füreinander da sein und die gemeinsame Zeit genießen. Genau das sollten wir uns an Weihnachten aber doch ohnehin ganz besonders vor Augen führen, oder nicht?

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