Sensibilität und Respekt - Tipps für den Umgang mit Menschen mit Behinderung

Juni 20, 2023

Viele wissen nicht, wie sie mit Menschen mit Behinderung umgehen sollen. Diese Unsicherheit fördert allerlei Verhaltensweisen zutage, die von Ignorieren bis hin zu übertriebener Hilfsbereitschaft reichen. Das liegt wohl einfach daran, dass nichtbehinderte Menschen sich nur schwer in ein Leben mit Handicap hineinversetzen können und deshalb nicht zu wissen meinen, was sich im Umgang mit Menschen mit Behinderung gehört und was nicht. Wenn es Ihnen auch so geht, lesen Sie unbedingt weiter. Wir haben die wichtigsten Tipps für den richtigen Umgang mit Menschen mit Behinderung zusammengetragen.

Was wünschen sich Menschen mit Behinderung?

Für den zwischenmenschlichen Umgang ist Einfühlungsvermögen immer wichtig. Deshalb wollen wir uns zunächst mit der Frage beschäftigen, was sich Menschen mit Behinderung denn eigentlich für unser Zusammenleben wünschen. Natürlich sind Menschen mit Behinderungen keine homogene Gruppe, weshalb ihre Wünsche und Bedürfnisse genauso vielfältig sein können wie die von Menschen ohne Behinderungen. Dennoch gibt es einige gemeinsame Themen, die häufig in Diskussionen über Behinderungen und Inklusion auftauchen. Vor allem möchten Menschen mit Beeinträchtigung fair behandelt werden und wie wir alle als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft respektiert werden. Die absolute Grundregel im Umgang lautet daher: Sehen Sie immer die Person, nicht die Behinderung. Oft nehmen Außenstehende nur die Einschränkung wahr und reduzieren einen gehörlosen, blinden oder gehbehinderten Menschen auf seine Behinderung. Doch natürlich macht das Handicap nicht die alleinige Identität einer Person aus. Auch Menschen mit Behinderung sind Individuen mit ihren eigenen Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen. Eine Frau im Rollstuhl ist vielleicht auch Ehefrau, Mutter, Friseurin, liebt Sonnenuntergänge oder spielt leidenschaftlich gerne Brettspiele. Begreifen Sie Andersartigkeit also nicht als Makel, sondern als Teil der menschlichen Vielseitigkeit.

Umgang mit Menschen mit Behinderung: Darauf sollten Sie achten

Generell sollte der Umgang mit Menschen mit Behinderungen nicht anders sein als der Umgang mit jedem anderen Menschen auch. Doch es gibt einige Aspekte, die Sie beachten können, um ganz sicher rücksichtsvoll und inklusiv zu sein:

 

  • Kommunizieren Sie mit Respekt: Generell gebietet der Anstand, erwachsene Menschen mit und ohne Behinderung zu siezen. Es zeugt nicht von guter Kinderstube, einfach zum Du überzugehen. Selbstverständlich können Sie das Du aber anbieten. Plumpe Neugier im Small Talk dagegen ist tabu. Fragen Sie also nicht einfach, warum oder seit wann die Behinderung besteht. Auch Anstarren gehört sich nicht. Bedenken Sie außerdem, dass Kommunikation und Aktivitäten aufgrund eines Handicaps manchmal länger dauern können. Geben Sie Ihrem Gegenüber Zeit, um sich auszudrücken oder eine Handlung auszuführen.
  • Reden Sie mit der richtigen Person: Viele Nichtbehinderte sprechen nur mit Begleitpersonen und übergehen damit Menschen mit Behinderung, als ob diese nicht anwesend wären und für sich selbst kommunizieren könnten. Das ist jedoch verletzend. Haben Sie keine Hemmungen, Menschen mit Behinderung direkt anzusprechen. Wenn Sie außerdem mit Personen im Rollstuhl oder kleinwüchsigen Menschen sprechen, bemühen Sie sich möglichst um gleiche Augenhöhe.
  • Respektieren Sie den persönlichen Raum: Für Menschen mit Behinderungen ist es besonders wichtig, dass ihre Distanzzonen beachtet werden. Fremden erwachsenen Menschen sollte man beispielsweise nicht so ohne weiteres die Schulter zu tätscheln. Auch Hilfsmittel wie Rollstühle, Prothesen oder Blindenstöcke gehören zum persönlichen Raum und sollten nicht einfach berührt werden. Dazu gehört natürlich auch, dass etwa ein Blindenstock nicht einfach weggelegt oder ein Rollstuhl verschoben wird. Denken Sie auch daran, dass ein Blindenhund “arbeitet”. Lenken Sie ihn nicht ab und streicheln Sie ihn nicht, ohne vorher zu fragen.
  • Fragen Sie, bevor Sie helfen: Natürlich ist Hilfsbereitschaft eine schöne Eigenschaft. Doch sollten Sie immer erst höflich nachfragen, bevor Sie helfen. Fassen Sie also z. B. einen blinden Menschen nicht einfach ungefragt am Arm, um ihn über die Straße zu führen. Akzeptieren Sie es auch freundlich, wenn jemand Ihre Hilfe ablehnt. Menschen mit Behinderung sind üblicherweise sehr geübt darin, mit ihrem Handicap umzugehen. Gehen Sie also nicht immer direkt von Hilflosigkeit aus.
  • Informieren Sie sich: Gerade wenn Sie öfter mit Menschen mit Behinderung zu tun haben, sollten Sie sich über die vorliegende Beeinträchtigung und einen angemessenen Umgang damit informieren. Für schwerhörige Menschen etwa ist es wichtig, dass Sie in Gesprächen Blickkontakt halten, weil ihnen Mimik und Gestik beim Verstehen helfen. Sprechen Sie laut und langsam, aber schreien Sie nicht und verwenden Sie auf keinen Fall Babysprache.

Der Ton macht die Musik: Achten Sie auf Ihre Wortwahl


Vermeiden Sie abwertende Begriffe. Die Bezeichnungen „Behinderter“ oder „behinderter Mensch“ werden oft als veraltet, unpersönlich und diskriminierend empfunden. Korrekt ist es stattdessen, von Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Beeinträchtigung zu sprechen. Denn diese personenzentrierten Ausdrücke stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Auch ist beispielsweise „Mongolismus" keine Diagnose, sondern eine Diskriminierung. Sprechen Sie besser von „Down-Syndrom“ oder von „Trisomie 21“.

 

Übrigens: Die meisten Menschen mit Behinderung empfinden gängige Redewendungen nicht als respektlos. Sie können z. B. zu einer blinden Person „Auf Wiedersehen“ oder zu einem Rollstuhlfahrer „Kommen Sie mit“ sagen.

Fazit: Nur keine falsche Scheu

Wir sind alle nur Menschen. Dennoch haben viele nichtbehinderte Personen Hemmungen im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung. Dabei ist es für eine inklusive Gesellschaft wichtig, dass wir aufeinander zugehen und miteinander in Kontakt treten. Denn ob mit oder ohne Behinderung: Letztendlich ist es doch einfach am wichtigsten, dass wir einander mit Respekt und Würde behandeln. So schaffen wir ein Umfeld, in dem sich jeder willkommen und geschätzt fühlen kann.

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